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Vita
1949 in Heiligenberg / Bodensee geboren 1969 - 1984 Studium der Werkerziehung und Tätigkeit als Lehrer 1982 - 1986 Studium an der Freien Kunsthochschule Nürtingen: Bildhauerische Keramik bei Dora Varkonyi seit 1986 freischaffend, eigenes Atelier, lebt und arbeitet seit 2001 in Heiligenberg Stipendium: Civitella d´Agliano, Italien (Kunstfond Bonn) Mitgliedschaften: Internationaler Bodensee Club (IBC) Zu den Arbeiten
Frau Dr. Susanne Ramm-Weber Auszug aus der Laudatio, Galerie im Altbau, Aldingen, 2025 "Die Arbeiten von Herbert Stehle sind reduziert auf die geometrische Form, kein Schnörkel, alles glasklar und befasst mit einem Thema, das alle betrifft und mit dem er auch unter den Künstlerkollegen nicht alleine ist. Das Haus, die Treppe, der Weg. Das ist offensichtlich. Das Viereck, das Dreieck und der Kreis sind grundlegend in der Fläche, Kegel, Kugel, Quader oder Würfel im Raum. Daraus kann man alles bauen. Eine große Spielwiese eröffnet sich in der Kombination, wie sind die Proportionen? Nehmen wir das langgestreckte rote Haus, das Große rote Haus, als Ausgangsarbeit, um ein paar Fragen zu stellen. Die Grundfläche zeichnet sich durch ein sehr schmales, langgestrecktes Viereck aus, das den ganzen Charakter bestimmt. Weiterhin wesentlich ist die Proportion der Wände, die mit 30 auf 40 Zentimetern im Verhältnis zur Grundfläche großflächig sind. Das Dach ist integriert, nicht aufgesetzt, die eine Form des Ganzen. Was dem Haus fehlt, sind zum Beispiel ein Schornstein, das Fenster, eine Tür. Jedes Kind würde in seiner Kinderzeichnung diese dazu malen. Es ist nur die Andeutung von Haus, doch es gibt eine Öffnung, einen Durchstieg, der weitere Fragen aufwirft. Die Aussparung lässt den Blick durch das Haus zu, integriert ist eine Treppe, wollten wir sie in Gedanken hochsteigen, dann führte sie ins Nichts, in den Freiraum, ins Offene, durch das Haus hindurch. Hier setzt die metaphorische und phantastische Ebene ein. Was bedeutet uns das Haus, sind wir zu Hause in unserem Haus? Ist das Zuhause komplett, fehlt etwas? Hat es sich verändert? Es sind diese Fragen aus dem Leben, welche die Artefakte materialisieren und transformieren können. Die rote Farbe gibt dem großen Haus seine Wärme, die über das harte Material, Beton, hinwegzutäuschen vermag. In anderen Arbeiten bleibt der Beton und seine Oberfläche mit den Verschalungsspuren offen sichtbar. Derzeit ist Beton das bevorzugte Material von Herbert Stehle, vieles ist auch in Holz gearbeitet, weniges in Stahl und Eisen. Dass die Arbeiten in Beton nicht so sehr groß sind, hat auch ganz pragmatische Gründe, Transporte wollen bewältigt werden und der Meister legt gerne selbst dabei Hand an. 20 bis 30 kg Gewicht kann man noch bewältigen. Spielarten entstehen, sobald mehr als ein Element vorhanden ist, die Treppe und das Haus, hinter dem Haus, vor dem Haus, durch das Haus, im Haus, um das Haus herum. Oder das Haus auf dem Boot, auf dem Stuhl, auf die Bücher gestapelt. Immer sind es, sprachlich gesehen, die Präpositionen, die diese Verhältnisse definieren, hier wortwörtlich in der Positionierung umgesetzt. Emblematisch wirkt die Ofenkachel. Große Außenarbeiten waren 2018 und 2024 in Bad Ragaz zu sehen. Die Triennale in Bad Ragaz hat sich zur wichtigsten Skulpturenshow entwickelt. Seit dem Jahr 2000 wird alle drei Jahre eine Vielzahl an Arbeiten internationaler Künstler dort durch ein privates Engagement gezeigt. Herbert Stehle hat zunächst die Ausbildung zum Werklehrer gemacht, dazu Fortbildungen unter anderem bei der Keramikerin Dora Várkonyi, die lebensgroße Figuren arbeitet. Seit 2001 lebt er wieder in seinem Elternhaus in Heiligenberg, das ist von besonderer Bedeutung, Heiligenberg hat eine sehr exponierte Lage, die Treppen und Wege sind charakteristisch für den Ort. Kunst kommt nicht zuletzt von dem, was man sieht und von den Bedingungen, unter denen sie entsteht. Das Thema „Haus in der Kunst“ ist wiewohl vielfältiger, wenn man auch an Arbeiten von Gordon Matta-Clark denkt, der Häuser selbst bearbeitet, ihnen mit der Säge zu Leibe rückte oder hier im regionalen Raum an Werner Pokorny, der in Holz und Cortenstahl arbeitete, und Jürgen Knubben aus Rottweil." Elke Dannenhaus Katalog Triennale der Skulpturen Bad Ragaz, 2018 "Ein Kosmos aus Häusern In kühner Schräglage weist ein Haus als zeichenhaft stählerner Umriss in den Himmel. Ein anderes balanciert auf einem Thron wie der Kopf eines Herrschers. Eines duckt sich in einem Metallgerüst, das es sorglich zu umhüllen scheint wie eine unsichtbare Haut. Da gibt es Schaukelhäuser, die wie Kinder auf einer Wippe hocken und Häuser, bei denen Treppen oder Leitern dazu auffordern, sie zu betreten oder zu verlassen, sich ihnen auf- oder absteigend zu nähern. Herbert Stehle bringt den gängigen Begriff des Hauses sofort ins Wanken, bricht ihn auf, erweitert ihn. Haus wird für ihn zur Chiffre für Behausung und Beheimatung, für Begrenzung ebenso wie für Schutzraum und Hülle. Aber durchaus auf schwankendem Boden. Entsprechend zeichenhaft stellt er seine Idee des Hauses in den Raum. Wie ins Dreidimensionale umgesetzte Kinderzeichnungen entwickelt er umrisshaft ein Symbol des Hauses aus einfachen geometrischen Formen. Auf äußerste Reduktion bedacht, verzichtet er auf Fenster, Türen und eben alles Beiwerk, das den Betrachter vom Begriff des Hauses als Idee, als philosophische Betrachtung ablenken könnte. Ebenso spartanisch wählt er seine Materialien - Beton, Holz, Stahl. Neben seinen Skulpturen, die zum Sitzen und Innehalten auffordern, sind es die Offenheit und Kargheit seiner Werke, die den Betrachter zum Verweilen einladen. Sie regen ihn an, nachzudenken über sein Ausgespanntsein zwischen Innen- und Außenort, über die stets fragile, ja schwankende Existenz des Menschen auf diesem gefährdeten Ort Erde, auf dem er sich vorübergehend sein Haus zu bauen versucht. Dass ein solches Nachdenken in spielerischer Leichtigkeit geschehen kann, dafür sorgt der leise Humor, mit der uns die Arbeiten von Herbert Stehle immer wieder überraschen." Prof. Paolo Knill Auszug aus der Laudatio, Galerie O, Schaffhausen, 2009 „Bei Herbert Stehle verdecken die baugroben, rohstofflich betonten, fenster- und türlosen Gebäude, jede Äußerung des „Ein-ge-wohnten“, wir sind aufgerufen das feinstoffliche Ausarbeiten des Innenraumes selbst zu leisten,… Was wir sehen, sind sozusagen Entdeckungsreisen, Manifestationen von Abenteuergeschichten… …wenn wir die Skulpturen von Herbert Stehle betrachten öffnen sich, in einer Art Meditation, eine Fülle von Bildern die uns staunen lassen, über die Potenz dieser meisterlich erforschten Keime wesentlicher Dinge unserer Welt.“ Günter Graf Auszug aus der Laudatio, Villa Eugenia, Hechingen, 2010 „Beginnen wir nun im Zentrum: dem Haus, den Häusern – jeder von uns hat bei diesen Begriffen unmittelbar Assoziationen, Vorstellungen und Bilder, denn das Leben findet doch in und um die Häuser statt. Lassen Sie die Häuser, die in ihrem Leben eine Rolle spielten, vor ihrem inneren Auge vorüberziehen. Was aber macht Herbert Stehle als Bildhauer? Er abstrahiert die Vielfalt aufs Äußerste, auf den Typ von Haus, den wir seit der Jungsteinzeit kennen (Pfahlbauten am Bodensee). So sieht das Haus aus. Reichhaltigkeit gewinnt der Bildhauer durch Material und seine Bearbeitung. Die ist für das Auge und die Hand reizvoll und abwechslungsreich. Eigentlich kann uns das schon genügen; es ist ein wichtiger Aspekt im digitalen Informationszeitalter. Aktiv sehen, tasten, spüren ist eine Herausforderung! Schon auf dieser Ebene sind vielfältigste Entdeckungen zu machen! Doch soll auch das Denken hinzukommen, das sich an der Skulptur entzündet… …Seine Arbeiten sind körperhafte Zeichen- Male – die Empfindungen auslösen. Dadurch, dass er unsere gewohnte Vorstellung, unsere Bilder vom Haus und seinen Elementen in Frage oder gar auf den Kopf stellt, indem eine Treppe nicht hineinführt oder vor der Wand endet, das Haus so steht, dass man ein Rutschen erlebt [usw.], erleben wir unsere Befindlichkeit. Es ist ein Paradox, denn Häuser sind eigentlich Hüllen für Räume, die innen sind, in denen dann vielgestaltiges Leben ist. In H St Häuser ist uns nicht nur der Zugang verwehrt. Sie sind kein Bild oder Modell eines Hauses, wir befinden uns gegenüber und doch fordern sie uns heraus unseren eigenen Innenraum wahrzunehmen. Das ist unsere eigentliche „Behausung“. „Behaustsein“ als Lebensgefühl, keine Architektur, in die man hineingehen kann, auch kein Modell. Dieses Lebensgefühl wird durch Herbert Stehles Arbeiten befragt, hinterfragt und in Frage gestellt - auch mit Humor…“ Barbara Fatzer Auszug aus: „Das Zuhause als künstlerischer Ort“, Ausstellungsbesprechung, Kunstverein Frauenfeld, 2008 „Uns wird der Zutritt in den Schutzraum verwehrt, kaum einmal angedeutete Fenster oder Türen, dafür gibt es Treppen und bewusst geschaffene Plätze im Außenbezirk… wir aber bleiben draußen. Die Innenräume müssen wir uns selbst erschaffen und so in sie eindringen oder sie mit unseren Gedanken möblieren.“ Herbert Stehle Einführung zur Ausstellung „Innenräume – Außenräume, Galerie Bagnato, Konstanz, 2008 „Ob ich ein Gefangener meiner Häuser sei, meinte vor kurzem ein Kollege. Das mag wohl stimmen – nicht aber ein Gefangener in meinen Häusern! Die Häuser sind massiv, gegossen in Beton und bieten keinen materiellen Hohlraum. Sie assoziieren nur einen Hohlraum, der, wie bei allen Häusern in viele kleinere und größere Räume aufgeteilt ist. Wie kam es zu den Häusern? Eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird. - Frühere Arbeiten stelenhaft mit blockhaften Köpfen. - Abschrägung der Köpfe zu Häusern – Hausform: Kopf = Haus mit vielen Räumen wie Haus – Phantasieräume, Lebensräume,… Es kamen allmählich dazu: Wege, Treppen, Leitern, die zum Haus führen, die einen Zugang vorbereiten – den letztlich aber jeder selber finden muss. Somit war ich im Außenraum: Häuser auf einem Platz, angefangene Treppen, gedachte Wege, reduzierte Plätze, Flächen… Die Spannung zwischen abstrahiertem Innenraum Haus und umgebendem Außenraum Platz übt auf mich eine große Spannung aus beim Suchen, Formulieren, Gestalten,… Das Behaust-Sein im Spannungsfeld und den Übergängen von innen und außen – in all seinen Facetten hat mich in seinen Bann gezogen – und ich weiß nicht, wie lange das noch dauern wird.! Arbeiten zu diesem Thema und dem Thema Haus sind auch in einem neuen Katalog dokumentiert, den wir zusammen, Valentina und ich für diese Ausstellung aufgelegt haben.“ Dr. Ulrike Niederhofer Südkurier, Kultur in der Region Auszug aus: „Häuser und Räume“, Villa Bosch, Radolfzell, 2007 „Wandobjekte, die Häuser mit runden oder eckigen Vorplätzen zeigen, funktionieren wie Modelle, wie Platzhalter für das eigentliche Leben, das mit ihnen aber nichts zu tun hat. Die Offenheit der Plätze erweckt Möglichkeiten, welche die hermetische Geschlossenheit des Hauses nicht erfüllt. Die minimalistische Kargheit der Objekte und Skulpturen lädt zum Meditieren ein, lässt genug Raum, um die Räumlichkeit zu füllen.“ Dr. Dorothee Höfert Auszug aus der Laudatio: „8 mal Holz – Ein Birnbaum in seinem Garten stand“ Kunstraum Kleine Galerie, Bad Waldsee, 2007 „Achsenneigungen und kurvige Aufbauten sorgen für Dynamik in den Arbeiten von Herbert Stehle, dessen aufragende Skulpturen damit die Nähe natürlicher Wachstumsformen wahren. Ein besonderer Reiz liegt in der Vermittlung von Energien, die sich durch die Form mitteilen und ebenfalls zur potentiellen Bewegung einer Skulptur beitragen. Energieträger sind vor allem die Konturen, die sich aus dem formalen Gefüge ergeben, mit deren Hilfe wir die Skulpturen überhaupt wahrnehmen, indem wir sie durch die verschiedenen, mit dem Auge erfassbaren Umrisslinien von ihrer Umgebung unterscheiden.“ Monika Spiller Auszug aus der Laudatio, Galerie Bagnato, Konstanz, 2004 „Die Arbeiten von Herbert Stehle, die hier versammelt sind, stellen einen vorläufigen Kulminationspunkt in seinem künstlerischen Schaffen dar: das Haus steht hier im Zentrum. Die Art, wie er sich in seinen Objekten dem Thema Haus nähert, verbindet ihn mit der Arbeit von Christiane Reinhardt: die archaische Ursprünglichkeit und die Konsequenz in der Reduktion, eine bis ins Minimalistische hineinreichende Formenknappheit sind kennzeichnend dafür. Gegenüber früheren Arbeiten, in denen man immer wieder auch fast verspielte Kombinationen von Fundmaterialien mit geformter Keramik oder Holz finden konnte, dominiert hier die Strenge der Form… Stehles neueste Haus-Objekte, die überwiegend aus Holz, aber auch aus Betonguss oder Ziegeln bestehen, zeigen das Haus in minimalistischer Kargheit. Keine Türen, keine Fenster. Ein Haus ist ein Haus ist ein Haus. Punktum. Oder? Immerhin: irritierende Treppen, auch Leitern. Treppen haben immer auch transzendentale Bedeutung, verweisen auf den Übergang zu einer neuen ontologischen Stufe bzw. Ebene… Und mit der Leiter hat es natürlich auch eine tiefere Bewandtnis: wie bei der Treppe symbolisiert sie den Übergang von einer Ebene zu einer nächst höheren Daseinsform, sie stellt die Verbindung zwischen Himmel und Erde dar… Wohl nicht zufällig faßt Herbert Stehle seine Haus-Objekte vorzugsweise in Weiß. Auch, um eine Zurücknahme der Eigenheiten des verwendeten Holzes zu erreichen. Weiß steht, wie wir wissen, nicht nur für Einfachheit, Licht, Reinheit, sondern auch für transzendente Vollendung.“ Gabriele Pfaus-Schiller Auszug aus der Laudatio, Galerie Kreissparkasse Böblingen, 2001 „Er arbeitet, vor allem an seinen jüngeren Arbeiten, aus dem Bauch heraus. Denn er formuliert seine Antwort auf das was in den Dingen offen ist, auf das, was sie andeuten nicht mittels eines Entwurfs, eines Konzepts, sondern aus dem Gefühl. So evozieren seine Skulpturen auch Gefühle und Wünsche: Der Wunsch nach Behaust-Sein etwa wird bei Hausformen und Gehäusen lebendig. Oder man spürt den Drang, einen freien Platz in Besitz zu nehmen. Oder die Versuchung, eine Treppe zu erklimmen, da denkt man an den Aufstieg, aber auch das herunterfallen, vielleicht auch die Treppe hinauffallen. Da kommt die Phantasie ins Erzählen, daraus könnte sich eine ganze Geschichte entwickeln. Bei Herbert Stehle werden wir also auf dem Weg über das Gefühl, auf dem Weg über unseren eigenen Bauch, eingeladen in eine magische Welt. ...werden wir nachdenklich, spüren wir, dass dies und das nicht in Ordnung ist in der realen Welt... Fragen formulieren sich, Emotionen werden deutlich – ist es nicht das, was Kunst will? In diesen... Skulpturen haben wir faszinierende und anregende Gegenüber für einen Dialog.“ Natalie Walz Auszug aus der Laudatio in der Werkstatt Galerie, Heilbronn, 2000 „Stehle hat mit wenigen Formen, die immer wieder neue sinnfähige Kombinationen eingehen, seine skulpturale Bildsprache gefunden. Jede Form ist gegenständlich erkennbar: Haus, Treppe, Platz, Dreieck, Kubus... Spezifische, spannungsvolle plastische Situationen entstehen, indem hermetisch verschlossene kleine Gebäude, die keinen Inneneinblick zulassen, mit offenen, verlassenen Platzsituationen kombiniert werden. Häuser, Wege, Treppen werden in einen kleinplastischen Bereich transportiert und es entstehen Miniaturräume, die zunächst an Architekturmodelle erinnern. Eine Modellhaftigkeit wird geschaffen... Trotz der oft kleinen, kompakten, geschlossenen Formen ergibt sich ein bewegter Dialog zwischen Raumverdrängung und Raumintegration. Die Arbeiten besitzen alle eine geheimnisvolle Anziehungskraft und strahlen eine bemerkenswerte Ruhe aus, hervorgerufen durch den Kontrast der strengen geometrischen Form, mit der unregelmäßigen, fast malerischen Oberfläche des Tons oder Holzes. In allen Arbeiten ist sein Credo wiederzufinden: Das Streben nach Einfachheit und Klarheit.“ |